1936 – 2006

«Die Basis meiner Intention als Künstler ist der Raum, der mich umgibt. Dieser ist unendlich und dem Objekt übergeordnet.»

In zwei deutlich voneinander geschiedenen Berufsgattungen war Andreas Christen tätig. Als Gestalter entwarf er Gegenstände des täglichen Gebrauchs, die in grossen Serien und über viele Jahre produziert und verkauft werden. Die langfristige Präsenz der Produkte hat ihnen eine breite, bisweilen prominente Öffentlichkeit beschert. Ihr Schöpfer ist zumeist im Hintergrund geblieben. Als Gestalter interessierten ihn die Bedürfnisse der Menschen, nicht Stil, Geschmack oder Selbstdarstellung. Es wäre jedoch verfehlt, die Bedürfnisse zu knapp zu fassen. Sie sind vielfältig und komplex. Es gibt somit auch keinen Determinismus der Funktion.

In einem anderen Kontext ist die künstlerische Arbeit von Andreas Christen verortet. Die Abgrenzung des Werkes vom brauchbaren Objekt ist hier Voraussetzung. Das Kunstwerk ist singulär und Anlass ästhetischer Erfahrung und Interpretation. Seine Präsentation ist nicht beliebig und entzieht sich dem Alltagswissen. Sie ist eine Setzung des Künstlers und Teil einer adäquaten Rezeption.

Andreas Christen lebte von 1936–2006. Er mutierte nicht vom Entwerfer zum freien Künstler. Er hat beiden Berufen immer die gleiche Aufmerksamkeit angedeihen lassen. Sicher hat sich an dieser Zweipoligkeit auch seine Kunstauffassung ausgerichtet. Das biografische Akzidens hat eine präzise Reflexion der Bedingungen beider Tätigkeiten ausgelöst. Ende der fünfziger Jahre wäre eine Orientierung am Bauhaus-Modell naheliegend gewesen: Der Künstler – als Spezialist der Formgebung – gestaltet und verändert Kunst- und Lebenswelt entsprechend den Prinzipien einer modernen Lebensweise und neuester Technologien. Diese Utopie, die dem Druck gesellschaftlicher Entwicklung und Differenzierung nicht standgehalten hat, schien Christen aber schon damals abgenützt und unbrauchbar. Eine solchermassen gross gefasste Einheit konnte nicht mehr angesteuert werden. Ein offenes und undogmatisches Angehen künstlerischer und gestalterischer Aufgaben war ihm wichtig.

Dem Raum wies der Künstler und Gestalter Andreas Christen einen primären Stellenwert zu. Räumlichkeit erschien ihm als eine Realität erster Ordnung. Gegenstände entfalten sich im Raum, den sie akzentuieren und vermessen. Vom Menschen gemachte Gegenstände repräsentieren die kulturellen Leistungen, die die Welt bewohnbar machen. Kunstwerke und Gebrauchsgegenstände beanspruchen und deuten den Lebensraum.