Ich habe Jean Scheurer vor mehr als 30 Jahren kennengelernt. Damals, als junger Architekt, hatten wir in unserem Bureau unseren ersten Architekturwettbewerb gewonnen. Einige Zeit später, das Projekt war bereits im Bau begriffen wurde Jean Scheurer zum Gewinner des Wettbewerbs «Kunst am Bau» auserkoren. Dieser künstlerische Beitrag kann noch heute im Centre d’Enseignement du Nord Vaudois (CESSNOV) in Cheseaux-Noréaz bewundert werden. Die Wandmalerei befindet sich auf der inneren Seite der Fassade der Sonnenkollektoren. Das Werk hat von seiner ursprünglichen Qualität bis heute nichts verloren.

Dies war aber nicht unsere erste Begegnung. Schon früher hatten wir uns kennengelernt, sei es im Rahmen du Groupe Impact (Jean Scheurer war einer der Mitgründer dieser Künstlergruppe) oder des GAU (Groupe Action Urbanisme) in Lausanne. Oder ganz einfach am Samstagmorgen, es ist Markttag in Lausanne, an unserem Stammtisch ein Glas Wein in der Hand. Seither haben wir uns nicht mehr aus den Augen verloren, und seine Arbeit begeistert mich auch heute immer noch. Aber andere Autoren werden in diesem Buch besser darüber schreiben als ich. Was mich betrifft, bin ich noch jedesmal begeistert von seinen Arbeiten, dem maliziösen Blick der sich in seinen Werken wiederspiegelt.

Das nebeneinanderexistireren von konstruirten und gezeichneten Formelementen in demselben Werk scheint unwahrscheinlich, oder gar unmöglich. Aber gerade diese Gegenüberstellung von formal verschiedenartigen Elementen, freie Zeichnug eingefügt in einen rational konstruirten Rahmen, spontane Gesten die ihre Inspiration in formal alltäglichen Elementen finden, das ist die Originalität von Jean Scheurer’s Werk. Die freie Zeichnungen versus karthesische Konstruktionen, in bescheidener Haltung und mit dem Humor der ihn auszeichnet. Die Zeichnung, das Zeichnen kann nicht von Jean Scheurer’s Arbeit weggedenkt werden und ist von zentraler Bedeutung.

Diese neue Veröffentlichung von Jean Scheurer’s Arbeiten ist die logische Fortsetzung der 2009 erschienen Monographie. Diese gab einen vollständigen Ueberblick über Jean Scheurer’s küntlerische Arbeit und sein Gesamtwerk. Neu ist dabei dass dieses Buch fast  ausschlieslich seinem gezeichneten Werk gewidmet ist, und ganz besonders seinem zeichnerischem Werk der letzten Jahre. Es ist eine ausgezeichnete Einführung in Jean Scheurer’s alltägliche Welt, wo jeder Tag mit einer Zeichnung beginnt, gross der klein, mit denselben immerwiederkommenden Gesten. Es gibt kein besseres Mittel in diese Welt einzuringen als dieses Buch durchzublättern und die Zeichnungen zu bewundern. Wir wünschen allen Lesern ein aufrichtiges Vergnügen.
Andreas Schmid

Jean Scheurer ist Maler, Zeichner und Bildhauer und erforscht eine Organisation des Bildraums, in dem die Orthogonalität eine bedeutende Stellung einnimmt. Aber Jean Scheurer’s Vocabulaire beschränkt sich nicht auf geometrische Darstellungen; das Lyrische, Zeichnerische ist eine zweite Bildsprache, die den geometrischen Bildraum intuitiv und sensibel überlagert.

Das Nebeneinander-Existieren von konstruierten und gezeichneten Elementen in demselben Werk kommt uns unwahrscheinlich, oder gar unmöglich vor. Aber gerade diese Gegenüberstellung von formal verschiedenartigen Elementen, freie Zeichnung eingefügt in einen rational konstruierten Rahmen, spontane Gesten, die ihre Inspiration in alltäglichen Elementen finden, das ist die Originalität von Jean Scheurers Werk: «géométries douteuses». Für den Maler Jean Scheurer ist dies von zentraler Bedeutung, eine «störende, zeichnerische» Geste, die aus seiner Arbeit nicht wegzudenken ist.

Vernissage:
Donnerstag, 23. Januar 2020 18 – 20 Uhr

Einführung:
18:15 Konrad Tobler

Apéro ab 18:30 Uhr

Austellungsdauer:
23. Januar – 8. März 2020

Finissage:
Samstag, 7. März 11 – 17:00 Uhr